Das große Frühjahrs-Event im Bonsai-Zentrum Münsterland, die »Hai Yama Ten«, ist regelmäßig ein Treffpunkt von Bonsai-Freunden aus ganz Europa.
Ehrengast und Demonstrator in 2017 war der italienische Bonsai-Meister Marco Invernizzi, Schüler von Masahiko Kimura und Salvatore Liporace. Am Samstag, dem 25. März erläuterte er innerhalb von sechs Stunden an fünf verschiedenen Bäumen die grundlegenden Überlegungen zur Gestaltung sowie die richtige Reihenfolge aller Arbeitsschritte von der Rohpflanze zum ausstellungsreifen Bonsai.
Marco ist es gelungen, mit Witz und Wortspiel seine Zuschauer auch über einen langen Zeitraum zu fesseln und eine Fülle von Informationen zu vermitteln. Sein Konzept folgte nicht den Regeln der sonst üblichen Demonstrationen, so verzichtete er besonders auf die zeitintensive Drahtung eines kompletten Bonsai. Er beschränkte sich auf die beispielhafte Darstellung einzelner Arbeiten und erklärte, welche Auswirkungen diese Schritte auf die weitere Entwicklung der Bäume haben würde. Nur so konnte Marco Invernizzi in kurzer Zeit überhaupt die Gestaltungsarbeiten an fünf vollkommen unterschiedliche Baumarten in den verschiedensten Stadien abhandeln.
Davon wollte ich kein Wort versäumen, so habe ich auf diverse Tassen Kaffee verzichten müssen, welchen ich üblicherweise während der Drahtorgien zu mir nehme. Lediglich eine halbstündige Pause gönnte uns der Meister, welche ich zu einem entspannten Plausch mit Dieter Arndt genutzt habe.
Seit längerem schon haben wir auf den allseits bekannten und nicht immer beliebten sozialen Netzwerken Informationen ausgetauscht, aber auf den Events fehlte uns die Zeit für ein persönliches Gespräch. Hier haben wir es endlich nachgeholt.
Diese Forsythie konnte den Preis für den besten blühenden Baum der Ausstellung erringen.
Ebenfalls bemerkenswert ist diese Gestaltung aus japanischen Lärchen (Larix kaempferi) auf einem zerklüfteten Stein. Dies ist meiner Meinung nach eine gelungene Kombination von Waldpflanzung (Yose-ue, 寄せ植え) und Felsform (Ishizuke, 石付け).
Unvorstellbar wäre eine Bonsai-Ausstellung ohne Kiefern. Diese als Mädchenkiefer (Pinus parviflora) oder Japanische fünfnadelige Kiefer (Pinus pentaphylla) bekannte Art zeichnet sich durch kurze Nadeln in dichten Polstern aus und wird in allen gemäßigten Zonen gern zu Bonsai gestaltet. Einen Baum der hier gezeigten Größe hätte man mit einer langnadeligen Art kaum so überzeugend gestalten können.
Die Gestaltung toten Holzes zu Jin (entrindeter Ast) und besonders Shari (teilweise entrindeter Stamm) erfordert große Kenntnisse über die Anatomie einer Pflanze. Besonders Wacholdern wird diese langjährige und filigrane Behandlung zuteil, welche bei gelungener Arbeit ganz besondere Details entstehen läßt.
Und wenn wir schon intensiv auf die Details blicken, dann nehmen wir doch auch mal die Akzentpflanzen genauer unter die Lupe. Eine frisch ausgetriebene Hosta, zu Deutsch auch Funkie oder »Herzblattlilie« genannt, ist bereits lange vor der Blütezeit als Beisteller geeignet. Das frische Grün des Austriebs erweckt den Eindruck von Frühling und dem Erwachen der Natur aus dem Winterschlaf.
Aufgrund der überaus interessanten Demonstration von Marco habe ich nicht die Zeit gefunden, alle Exponate der Ausstellung fotografisch zu dokumentieren. Allerdings darf als Abschluß meines »Anwesenheitsnachweises« das preisgekrönte Shohin-Display nicht fehlen. Hier wurden gezeigt:
Soweit nun zur »Hai Yama Ten 2017«. Und wann treffen wir uns mal auf der Ausstellung im Bonsai-Zentrum Münsterland ?